William Shakespeare

Sonnet 115 ist eines von 154 Sonetten des englischen Dramatikers und Dichters William Shakespeare.

Übersetzung: metrisch, reimend

Original

Those lines that I before have writ do lie,
Even those that said I could not love you dearer:
Yet then my judgment knew no reason why
My most full flame should afterwards burn clearer.

But reckoning Time, whose million’d accidents
Creep in ‚twixt vows, and change decrees of kings,
Tan sacred beauty, blunt the sharp’st intents,
Divert strong minds to the course of altering things;

Alas! why, fearing of Time’s tyranny,
Might I not then say, ‚Now I love you best,‘
When I was certain o’er incertainty,
Crowning the present, doubting of the rest?

Love is a babe, then might I not say so,
To give full growth to that which still doth grow?



Übersetzung

Auch wenn ich es dir schrieb, es ist nicht wahr,
dass meine Liebe niemals heißer brenne.
Doch war ich, als ich’s schwor, mir nicht darüber klar,
warum die Glut nicht stärker lodern könne.

Doch sieht man, wie die Zeit vieltausendfach
Treuegelöbnis, Obrigkeitsdekret,
Idole und Ideen nichtig macht,
weiß man, dass nichts für alle Zeit besteht.

Warum sollt‘ ich nicht trotzdem heut‘
das Höchstmaß meiner Liebe dir erklären
und auch bei aller Unbeständigkeit
den Vorrang doch der Gegenwart gewähren?

So wie ein kleines Kind ist doch die Liebe,
das nicht gedieh‘, wenn’s ohne Zuspruch bliebe.

Übersetzung: © Wolfgang Riedmann

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